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Verstoß gegen das Tierschutzgesetz?

Catch and Release

Þ07 Mai 2019, 00:00
Ғ1343
Lesezeit: 3,5 min
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Jan und Claudia Darga
Jan und Claudia Darga

Ich, Jan Lampe, bin Rechtsanwalt in Mönchengladbach. Die Anwälte in meiner Kanzlei beschäftigen sich primär mit dem Steuerrecht, Gesellschaftsrecht und Erbrecht. Ich persönlich bin bevorzugt als Verteidiger im Steuer- und Wirtschaftsstrafrecht tätig.

In meiner Freizeit gehe ich sehr gerne angeln, am liebsten mit Freunden. Also muss ich mich wohl nicht nur als Jurist, sondern auch als Angler bezeichnen dürfen.

Seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit einer Schnittstelle zwischen dem Recht und dem Angeln. Diese befindet sich in § 17 des Tierschutzgesetzes, wo es heißt:

  1. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

            ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder

  1. länger anhaltende oder sich wiederholende Schmerzen oder Leiden zufügt.

Unter Anglern ist diese Vorschrift im Zusammenhang mit dem „Vorgang“ Catch and Release, also dem Fangen und Freilassen der Fische, in den Fokus gerückt. Prominentes Opfer ist der deutsche Rapper Marteria. Gegen ihn wurde wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz durch Catch and Release ermittelt. Das Verfahren wurde schließlich gegen eine Geldauflage eingestellt. Ich habe von 5.000,- € gelesen. Wenn man bedenkt, dass sich die Höhe der Auflage neben der Schwere der Schuld auch an den Vermögensverhältnissen des Beschuldigten orientiert, erscheint die „Tat“ des Rappers als nicht besonders schlimm bewertet worden zu sein.

Aber es gibt auch Fälle, in denen Angler zu einer Geldstrafe verurteilt worden sind. Auch Wohnungsdurchsuchungen sind möglich und fanden in einigen Verfahren statt, um (zusätzliches) Beweismaterial wie Videos oder Bilder zu finden. Bei einer Wohnungsdurchsuchung können Computer und Handys ausgelesen und sogar beschlagnahmt werden.

Ausgangspunkt dieser Verfahren ist die aktuell vorherrschende Meinung der Strafverfolgungsbehörden und der Rechtsprechung, dass das Haken, der Drill, das Landen und das Präsentieren der Fänge den Fischen Schmerzen und Leiden zufügt und damit gegen § 17 Tierschutzgesetz verstößt. Diese Rechtsauffassung basiert auf wissenschaftlichen Studien.

Es gibt aber auch ernstzunehmende Gegenstudien. Deren Ansatz ist, dass Fische kein Bewusstsein haben und deshalb kein Leid empfinden können. Erst ein Bewusstsein könne einen Reiz und eine solche Verarbeitung im Nervensystem gewährleisten, um ihn als Schmerz, als Kribbeln oder Streicheln wirklich empfinden zu können. Ohne Bewusstsein sei davon auszugehen, dass das Tier mit einem Reflex oder einer instinktiven Reaktion reagiere (J.B. Rose).

Die Rechtsprechung geht aktuell aber davon aus, dass Catch and Release grundsätzlich als Verstoß gegen § 17 TierschG zu bewerten ist. Ausnahmen: untermaßige Fische, Schonzeit, Hegemaßnahme.

Soviel zur rechtlichen Seite.

Ein paar Fakten: Deutschland ist meines Wissens das einzige Land in Europa, in welchem Catch and Release verboten ist; zumindest ist das Verbot im Europavergleich eher die Ausnahme. In vielen Ländern wird dem Hegegedanken folgend Catch and Release bevorzugt und das Abschlagen ist verpönt. Der Durchschnitt aus 219 Einzelschätzungen 17 heimischer Fischarten ergibt eine durchschnittliche Haksterblichkeit von 15,6 %. Zander 24,6 %, Karpfen 5,7 % (Blinker); je schonender die Behandlung des Fisches, desto niedriger die Haksterblichkeit! In Deutschland gibt es über 6 Millionen Angler. Die Angelindustrie in Deutschland macht einen geschätzten jährlichen Umsatz von über 5 Milliarden Euro und bietet weit über 50.000 Arbeitsstellen (anglermap.de).

Es gibt also durchaus gesellschaftliche, ökologische und ökonomische Gründe, die man pro Catch and Release ins Felde führen kann. Nicht dazu gehört das gelegentlich vorgetragene Argument, „soll ich lieber alle Fische abschlagen?“. Denn das Abschlagen ohne vernünftigen Grund verstößt auch gegen § 17 TierSchG.

Ein Vergleich mit anderen „tierischen“ Freizeitbeschäftigungen sollte aber erlaubt sein: Ich denke hierbei zum Beispiel an Hunde Shows. Pediküre, Styling inklusive Rasur, Frisur und Färbung sowie der anschließende „Wettkampf“; ob die Tiere hierbei überschwängliche Begeisterung empfinden? Auch bei einigen Bereichen des Pferdesports bin ich mir da nicht so sicher. Und ob der sein Leben lang allein im Käfig eingesperrte Vogel jeden Tag denkt: Mann ist das schön hier? Ich weiß es nicht.

Was bleibt:

Juristisch ist die Sache klar. Catch and Release kann als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz strafrechtlich verfolgt werden. In der Verteidigung kann durch sorgfältige Analyse und Darstellung des Sachverhalts und der Motivation des Beschuldigten ein gutes Ergebnis erzielt werden. Nach meiner Einschätzung als Verteidiger lässt sich in den meisten Fällen eine Anklage vermeiden.

Und als Angler? Ich gehe gerne mit Freunden fischen. Andere gehen zum Yoga, manche zum Psychiater, ich gehe ans Wasser. Ich gehe angeln. Es gibt nichts, was mich mehr entspannt. Die Frage nach Catch and Release stellt sich für mich selten, da ich a) nicht so oft was fange und b) primär auf Zander fische und Zander auch gerne esse.

Beim Karpfenangeln betreibe auch ich Catch and Release. Falls ich mal einen fange, behandle ich den Fisch möglichst schonen. Und ich geh nie in Deutschland Karpfen fischen, sondern in Holland, Frankreich oder auch mal in Thailand.

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