Unternehmer stehen in der aktuellen Corona Krise doppelt unter Druck. Einerseits müssen Sie den laufenden Geschäftsbetrieb aufrechterhalten, um ihre und die wirtschaftliche Existenz ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu bewahren. In diesem Zusammenhang sind staatliche Unterstützungen wie die Vereinfachung des Bezugs von Kurzarbeitergeld, Steuerstundungen bis hin zu direkten Liquiditätshilfen bereits angelaufen und weiterhin in Planung.
Die Unternehmer selbst versuchen geeignete innerbetriebliche Maßnahmen zu schaffen (zB die Einrichtung von Home Office Plätzen), um die Leistungsfähigkeit ihrer Betriebe aufrechtzuhalten.
Andererseits müssen die
Unternehmen ihre Gedanken aber auch in die Zukunft richten. Was passiert danach? Wie hole ich möglichst schnell wieder rein, was ich in der Krise verloren habe? In diesem Zusammenhang darf der Rechtsbegriff
höhere Gewalt in den unternehmerischen Planungen nicht fehlen. Denn aus dem Vorliegen höherer Gewalt resultieren existentielle Auswirkungen für Vertragsverhältnisse, bis hin zu der Beendigung von Verträgen.
Höhere Gewalt lässt sich definieren als ein von außen kommendes, von keiner Partei beherrschbares Ereignis, das von niemandem im Rahmen der zumutbaren Sorgfalt abgewendet werden konnte. In vielen Verträgen finden sich genauere Beschreibungen, was zwischen den Vertragspartnern als höhere Gewalt gelten soll. In solchen Vertragsklauseln ist dann auch geregelt, was passiert, wenn ein Vertragspartner wegen höherer Gewalt nicht mehr leisten kann. In Frage kommen der Verlust des Anspruchs gegen den Vertragspartner (der Lieferant muss nicht mehr liefern, der Bauunternehmer muss nicht mehr bauen, usw.) Auch der Gegenanspruch fällt weg (wenn der Lieferant nicht mehr liefern kann, verliert er seinen Anspruch auf Bezahlung; gleiches gilt für den Bauunternehmer, der nicht mehr bauen kann). Vielfach werden in Klauseln über höhere Gewalt auch zeitliche Verschiebungen der gegenseitigen Leistungspflichten vereinbart. Die drastischste Rechtsfolge ist die komplette Beendigung des Vertrages.
Auch in Fällen, in denen die höhere Gewalt nicht in eine Vertragsklausel aufgenommen wurde, ergeben sich allein schon aus den allgemeinen gesetzlichen Regelungen weitreichende Folge. In manchen Fällen wird die höhere Gewalt sogar ausdrücklich erwähnt. Nach § 287 BGB kann man auch für höhere Gewalt haften, wenn man sich zuvor in Verzug befunden hat.
Im
Baurecht führt das Vorliegen höherer Gewalt zur Verlängerung der Ausführungszeit für den Bauunternehmer.
Im allgemeinen Zivilrecht können Folge der Unmöglichkeit einer Leistung wegen höherer Gewalt der Untergang der Pflicht zur Leistung, aber auch der Verlust des Gegenanspruchs sein. Keine Leistung, kein Geld. Auch die komplette Beendigung von Verträgen wegen höherer Gewalt ist möglich.
Die Folgen der Corona Krise dürften in vielen Fällen als höhere Gewalt zu bezeichnen sein. Die hieraus resultierenden Rechtsfolgen müssen vom Unternehmer jetzt überprüft werden. Will ich wirklich, dass mein Lieferantenvertrag endgültig beendet wird, oder wäre eine flexible Verlängerung der Lieferzeit nicht besser? Was heißt eine Verlängerung der Lieferzeit für den Kaufpreis? Wie entwickeln sich die Preise nach der Corona Krise? Kann oder sollte ich in Vorleistung treten? Wie verhindere ich rechtliche Streitigkeiten wegen Vertragsstörungen in der Krise?
Erforderlich ist eine proaktive Vertragsgestaltung. Beleuchten Sie Ihre aktuelle und zukünftige Situation. Gehen Sie auf Ihre Vertragspartner zu und versuchen, die Verträge den aktuellen Gegebenheiten anzupassen.