In letzter Zeit häufen sich die Fälle, in welchen die Finanzämter Aussetzung der Vollziehung (nur noch) gegen Sicherheitsleistung gewähren. Diese Entwicklung in der Praxis soll Anlass sein, die gesetzlichen Anforderungen der Anordnung einer Sicherheitsleistung zusammenfassend zu beleuchten:
Bei der Anordnung einer Sicherheitsleistung nach § 361 Abs. 2 Satz 5 AO bzw. § 69 Abs. 2 Satz 3 FGO handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Ermessenserwägungen des Finanzamtes sucht man in vielen Verfügungen über die Anordnung einer Sicherheitsleistung allerdings vergeblich. Der Inhalt vieler AdV-Bescheide erschöpft sich darin, zunächst den auszusetzenden Steuerbetrag zu benennen und im Anschluss darauf hinzuweisen, dass die AdV von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht wird, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nachzuweisen ist.
Die Prüfung der Anordnung einer Sicherheitsleistung vollzieht sich in drei Schritten.
Zunächst ist eine Gefährdung der Vollstreckung der Steuerschuld erforderlich. Denn die Sicherheitsleistung dient der Vermeidung von Steuerausfällen. Hierbei handelt es sich um eine Einzelfallprüfung. Verschiedene Rechtsprechungsentscheidungen können Orientierung geben, mehr aber auch nicht. So nimmt die Rechtsprechung in sogenannten Auslandsfällen regelmäßig eine Gefährdung des Steueraufkommens an. Es muss durchaus als einleuchtend bezeichnet werden, von einer Gefahr für die Vollstreckung der Steuerschuld auszugehen, wenn der Steuerpflichtige im Ausland lebt/sitzt.
Weitere Paradebeispiele für die Anordnung einer Sicherheitsleistung sind eine überdurchschnittlich lange Verfahrensdauer mit hohen Steuernachforderungen sowie drohende Insolvenz oder offensichtliche Unterkapitalisierung. Schließlich führt auch das Beiseiteschaffen von Vermögen, insbesondere an Angehörige, zur rechtmäßigen Anordnung einer Sicherheitsleistung wegen Gefährdung des Steueranspruchs. Die Gefahr eines Steuerausfalls wird hingegen verneint bei gesicherten Einkommens- und Vermögensverhältnissen und in Fällen, in denen Steuerverbindlichkeiten in der Vergangenheit zuverlässig beglichen wurden.
Die Darlegungs- und Beweislast für eine Steuergefährdung liegt beim Finanzamt. Das Finanzamt muss nachvollziehbar darstellen, weshalb es von einer Gefährdung des Steueranspruches ausgeht. Vermutungen reichen nicht. Diese Darlegungs- und Beweislastverteilung wird von der Finanzverwaltung regelmäßig missachtet. In vielen Verfahren vertritt das Finanzamt die Auffassung, der Steuerpflichtige müsse darstellen, dass der Steueranspruch nicht gefährdet ist. Eine solche Darlegungslast des Steuerpflichtigen entsteht aber erst, wenn das Finanzamt den Steueranspruch gefährdende Umstände dargestellt und bewiesen hat.
Zweite Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Sicherheitsleistung ist, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit gegen einen günstigen Prozessausgang für den Steuerpflichtigen spricht. Denn in Fällen, in denen mit Gewissheit oder großer Wahrscheinlichkeit ein für den Steuerpflichtigen günstiger Prozessausgang zu erwarten ist, kann ein öffentliches Interesse an der Anordnung einer Sicherheitsleistung nicht bejaht werden.
In gerade beschriebener zweiter Prüfungsstufe sind also im Grunde die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu prüfen und zu Gunsten des Mandanten darzustellen.
In der dritten Prüfungsstufe sind schließlich noch Billigkeitserwägungen wegen der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen anzustellen. Wenn der Steuerpflichtige nicht in der Lage ist, trotz zumutbarer Anstrengungen die Sicherheit zu leisten, kann von ihrer Anordnung abgesehen werden.
Eine zu umfangreiche Darstellung einer wirtschaftlich schwierigen Lage des Mandanten birgt aber die Gefahr in sich, dass die Finanzämter und Finanzgerichte dann gerade die wirtschaftlich schwierige Situation des Steuerpflichtigen heranziehen, um eine Gefährdung des Steueraufkommens und damit das Erfordernis der Anordnung einer Sicherheitsleistung zu begründen.