BFH:
Eine willentliche Veräußerung i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG kann auch dann vorliegen, wenn der Ehegatte seinen Miteigentumsanteil an den im Miteigentum beider Ehepartner stehenden Einfamilienhaus vor dem Hintergrund der drohenden Zwangsvollstreckung im Rahmen einer Scheidungsfolgevereinbarung entgeltlich auf seinen geschiedenen Ehepartner innerhalb der Haltefrist überträgt.
Der Ehegatte nutzt seinen Miteigentumsanteil nach dem Auszug aus dem Familienheim nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken, wenn der geschiedene Ehepartner und das gemeinsame minderjährige Kind weiterhin dort wohnen.
Zum Tatbestandsmerkmal der eigenen Wohnzwecke begründet der BFH seine Entscheidung wie folgt:
Generell ist eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, wie im Anwendungsbereich des § 10e EStG und des § 4 EigZulG zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige Teile einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung oder die Wohnung insgesamt einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind unentgeltlich zur teilweisen oder alleinigen Nutzung überlässt. Dann ist die Nutzung der Wohnung durch das Kind dem Eigentümer als eigene zuzurechnen, weil es ihm im Rahmen seiner unterhaltsrechtlichen Verpflichtung obliegt, für die Unterbringung des Kindes zu sorgen.
Überlässt der Steuerpflichtige die Wohnung aber nicht ausschließlich dem einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen Kind, sondern zugleich einem Dritten, z. B. der Kindesmutter oder dem Kindesvater, liegt keine begünstigte Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor.
Zwar sei das Merkmal "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" in § 23 im Ausgangspunkt so zu verstehen wie in § 10e EStG und § 4 EigZulG. Allerdings müsse in diesem Zusammenhang auch die unterschiedliche Zweckrichtung der Tatbestände beachtet werden. Zweck der gesetzlichen Freistellungsregelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Satz 3 EStG sei nicht der Erwerb von Wohnungseigentum durch möglichst viele Bürger und damit die Förderung der Vermögensbildung, sondern die Vermeidung der Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes und eine damit einhergehende Behinderung der beruflichen Mobilität. Vor diesem Hintergrund setze die Anwendbarkeit des Ausnahmetatbestandes in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG entsprechend seiner Zweckrichtung voraus, dass eine Besteuerung der beruflichen Mobilität des Steuerpflichtigen entgegenstünde, was regelmäßig dann der Fall ist, wenn der Unterhaltsberechtigte (das Kind) im Falle eines beruflichen Wohnsitzwechsels des Steuerpflichtigen mitgehen würde. Nach Maßgabe dieser typisierenden Wertung werde eine vom Steuerpflichtigen zu Unterhaltszwecken unentgeltlich bereitgestellte Wohnung aber dann nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken des Steuerpflichtigen genutzt, wenn die Immobilie neben einem einkommensteuerlich nach § 32 EStG zu berücksichtigenden Kind auch anderen, gegebenenfalls auch aufgrund bürgerlich-rechtlicher Vorschriften unterhaltsberechtigten Angehörigen überlassen wird. Die Wohnung ist dann nicht Teil des auf mehrere Örtlichkeiten verteilten Familienhaushalts. Eine Besteuerung des Veräußerungsgewinns würde der beruflichen Mobilität des Steuerpflichtigen nicht entgegenstehen.
Fazit:
Minderjährige Kinder, die dem Haushalt des sie betreuenden Elternteils zuzurechnen sind, können keine „eigenen Wohnzwecke vermitteln". Dies ist anders bei volljährigen Kindern, an die die Wohnung unentgeltlich überlassen wird und für die der Steuerpflichtige Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag bezieht.
Wird die Wohnung hingegen entgeltlich überlassen oder von einem Kind genutzt, für das keine Berechtigung zum Kindergeld oder Kinderfreibetrag besteht, liegen fremde Wohnzwecke vor und die Wohnung wird nicht von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG erfasst.