FG München, Urteil vom 26.10.2022:
Musste die pflegebedürftige und hochbetagte Erblasserin in ein Pflegeheim umziehen und war sie zur Finanzierung der Pflegeheimkosten auf die Vermietung der bisher selbst genutzten eigenen Wohnung angewiesen, so steht einer auf 4 Jahre geschlossener Zeitmietvertrag ohne die Möglichkeit einer Eigenbedarfskündigung nach dem Tod der Erblasserin der Erbschaftsteuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Erbschaftsteuergesetz bei der Tochter als Alleinerbin auch dann nicht entgegen, wenn der Mietvertrag nach dem Tod der Mutter noch eine Restlaufzeit von über zwei Jahren hatte und die Tochter erst anschließend die Wohnung nach einer Renovierung selbst zu eigenen Wohnzwecken nutzen konnte.
Zur Begründung führt das Finanzgericht folgende Erwägungen an:
Zunächst wird klargestellt, dass die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Erbschaftsteuergesetz auch dann gewährt wird, wenn der Erblasser aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war. Einen solchen zwingenden Grund stellt u. a. die Pflegebedürftigkeit dar.
Die Erblasserin habe dann durch den Abschluss des Mietvertrages die Wohnung als ihr Familienheim nicht zeitweilig aufgegeben. Die Erblasserin hatte ein berechtigtes Interesse an der Vermietung der Wohnung, weil sie mit den Mieteinnahmen die Kosten der Unterbringung mitfinanzieren wollte. Der Umstand, dass die Erblasserin einen für die Dauer von vier Jahren befristeten Zeitmietvertrag abgeschlossen hat, schließt die Anwendung des § 13a Abs. 1 Nr. 4c Erbschaftsteuergesetz nicht aus. Die Festlegung eines bestimmten Zeitraums hat den Vorteil, dass die Erblasserin während dieser Zeit mit entsprechenden Mieteinnahmen habe rechnen können, sowie, dass das Mietverhältnis nach Ablauf der Befristung endet und anschließend wie im Streitfall gewollt, von einem Familienangehörigen genutzt werden konnte.
Schließlich habe die Klägerin (die Tochter der Erblasserin) die Wohnung unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt. Denn eine Selbstnutzung kann auch dann vorliegen, wenn diese erst nach Ablauf von sechs Monaten aufgenommen wird. Allerdings muss in einem solchen Fall der Erwerber darlegen und beweisen, zu welchem Zeitpunkt er sich für die Selbstnutzung der Wohnung zu eigenen Wohnzwecken entschlossen habe.
In dem vom Finanzgericht München entschiedenen Fall konnte die klagende Erbin beweisen, dass sie den Entschluss zur Selbstnutzung bereits mit Abschluss des Mietvertrages durch ihre Mutter geschlossen hatte.
Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen und das Finanzamt Revision eingelegt.