BGH: Dem Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Wertermittlung nach § 2314 BGB steht nicht entgegen, dass für das zu bewertende Grundstück bereits mehrere Sachverständigengutachten existieren. Auch der unmittelbar nach dem Erbfall erfolgte Verkauf des Grundstücks lässt den Wertermittlungsanspruch des Pflichtteilsberechtigten unberührt. Der Pflichtteilsberechtigte muss den erzielten Kaufpreis im Rahmen seines Pflichtteilsanspruchs nicht als Wert des Grundstückes akzeptieren.
Was war passiert:
Die Erblasserin hatte ihre erste Tochter (T1) zur Alleinerben eingesetzt und ihre zweite Tochter (T2) enterbt. Die zweite Tochter machte ihren Pflichtteil geltend.
Zum Nachlass gehörte ein Grundstück, welches T1 unmittelbar nach dem Erbfall verkaufte. Der Kaufpreis betrug 65.000,00 EUR. Außerdem existierten zwei Gutachten, welche den Wert des Grundstückes einmal mit 245.000,00 EUR und einmal mit 120.000,00 EUR bis 175.000,00 EUR angaben. Die Bank war von einem Wert von 58.000,00 EUR ausgegangen. Dennoch verlangte die pflichtteilsberechtigte Tochter von der Erbin ein Wertgutachten für das Haus.
Die erste Instanz gab ihr Recht.
Das Berufungsgericht lehnte allerdings einen Anspruch auf Wertermittlung ab. Für den Pflichtteil sei der erzielte Kaufpreis zugrunde zu legen.
Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass T2 ein Anspruch auf Wertermittlung zusteht. Unabhängig von den verschiedenen Gutachten und dem erzielten Verkaufserlös bestünde ein schutzwürdiges Interesse der T2 an der Geltendmachung des Wertermittlungsanspruchs. Eine Bindung an den tatsächlich erzielten Kaufpreis bestünde nicht.
Schließlich entschied der BGH noch, dass der Wert lediglich durch ein unparteiisches Sachverständigengutachten ermittelt werden muss, unabhängig davon, ob der Sachverständige öffentlich bestellt oder vereidigt ist.