Vorweg etwas Statistik:
Im Jahr 2020 lag die Erfolgsquote in außergerichtlichen Einspruchsverfahren bei 66,02 %. Hiervon umfasst sind aber auch Einspruchsverfahren gegen Schätzungsbescheide, in deren Verlauf nach Abgabe der Steuererklärungen erklärungsgemäß veranlagt wird.
Pflicht zur elektronischen Kommunikation
Seit dem 01.01.2022 besteht die Pflicht zur aktiven Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel im finanzgerichtlichen Verfahren. Klagen müssen also elektronisch eingereicht werden, sofern ein „professioneller Verfahrensbevollmächtigter“ bestellt ist.
Steuerberater trifft diese Verpflichtung noch nicht, da sie kein dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach vergleichbares Postfach haben und De-Mail in der Praxis gescheitert ist. Das besondere Steuerberaterpostfach ist in Planung und soll 2023 starten.
In der nordrhein-westfälischen Finanzgerichtsbarkeit fand bereits Ende Oktober 2019 der Wechsel von der gerichtlichen Papierakte zur führenden elektronischen Akte statt. Die Akten der Finanzverwaltung werden überwiegend in Papierform geführt. Nach § 78 Abs. 2 FGO wird die elektronische Prozessakte zwecks Akteneinsicht elektronisch übermittelt. Einsichtnahme in die Akten des Finanzamtes muss aber nach wie vor beim Finanzgericht oder dem Amtsgericht oder dem Finanzamt am örtlichen Sitz der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten genommen werden.
Hinsichtlich der verpflichtenden Nutzung elektronischer Kommunikationswege im finanzgerichtlichen Verfahren deuten sich Probleme in Fällen der Mandatierung einer interprofessionellen Beratergesellschaft ab. Muss eine Steuerberatungsgesellschaft für die Klageerhebung das besondere elektronische Anwaltspostfach ihres geschäftsführenden Rechtsanwalts nutzen? Darf eine Steuerberatungsgesellschaft die finanzgerichtliche Klage per Fax einreichen, obwohl an der Gesellschaft beteiligte Rechtsanwälte über besondere elektronische Anwaltspostfächer verfügen?
Muss-Inhalt der Klageschrift
Nach § 65 Abs. 1 muss die Klage den Gegenstand des Klagebegehrens enthalten. Diese Vorschrift wird nach unserer Erfahrung von den Finanzgerichten mittlerweile deutlich ernster genommen und auf ihre Befolgung geachtet, als dies früher üblich war.
Der Muss-Inhalt „Gegenstand des Klagebegehrens" ist nicht zu verwechseln mit dem Klageziel! Die Klage darf also nicht eine begehrte Höhe der Steuer, sondern muss darstellen, worin der Kläger seine Rechtsverletzung sieht. Genügt die Klage dieser Anforderung nicht, setzt das Gericht eine Frist nach § 65 Abs. 2 FGO, nach deren Ablauf die Klage unzulässig wird.
Aus Vereinfachungsgründen ist in Fällen, in welchen das Klagebegehren nach wie vor dem Inhalt des Einspruchsverfahrens entspricht, folgende Formulierung möglich:
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger das bereits im Einspruchsverfahren verfolgte Begehren weiter.
Bei der Klageerhebung sollte eine Klageerweiterung ausdrücklich vorbehalten werden.
Außerdem ist dringend zu empfehlen, zwischen Klageerhebung und Klagebegründung Akteneinsicht zu nehmen. Hierdurch lassen sich mitunter wichtige Erkenntnisse für die Klagebegründung oder doch zumindest die Perspektive des Finanzamtes ermitteln.
Achtung: Der Solidaritätszuschlag basiert wie ein Folgebescheid auf der Steuerfestsetzung und wird mit dieser geändert. Seine explizite Anfechtung ist mithin streng genommen unzulässig.
Achtung: Bei Personengesellschaften können entsprechend § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO Klagen ausschließlich durch den Geschäftsführer und nicht durch die eigentlich beschwerten Gesellschafter erhoben werden. Der Geschäftsführer muss die Klage also als „Prozessstandschaftler“ im Namen der Gesellschaft erheben. Ein korrekter Klageantrag könnte also lauten:
Klage der XY GmbH & Co. KG, Adresse, gesetzlich vertreten durch deren persönlich haftende Gesellschafterin X GmbH, erhoben durch ihre zur Vertretung berufene Geschäftsführerin X. GmbH, diese wiederum vertreten durch den Geschäftsführer Herbert Y., Adresse.