Finanzgericht Düsseldorf: Keine Steuerhinterziehung durch Unterlassen gem. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, wenn Finanzbehörde im maßgeblichen Veranlagungszeitraum bereits Kenntnis von den wesentlichen steuerlich relevanten Umständen hat.
Der Tatbestand des § 370 Abs. 1 S. 2 AO fordert in seinem Wortlaut, dass die Finanzbehörde über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen wird. Aus Sicht des Steuerstrafverteidigers ist mithin der objektive Tatbestand der Steuerhinterziehung durch Unterlassen nicht erfüllt, wenn das Finanzamt anderweitig Kenntnis von den unterlassenen Angaben erhalten hat. Hinsichtlich dieser anderweitigen Kenntniserlangung kommen Mitteilungen anderer Behörden, sonstiger Institutionen oder Erklärungen zu anderen Steuerarten in Betracht. Die Möglichkeit der Finanzverwaltung, Kenntnis über steuerlich erhebliche Tatsachen zu erhalten, nimmt im Wege stetig wachsenden Informationsaustausches immer mehr zu.
Gerade beschriebene Auffassung in der Steuerstrafverteidigung findet mittlerweile auch Unterstützung in der strafrechtlichen Rechtsprechung. Zu nennen ist hier insbesondere Urteil des OLG Köln vom 31. Januar 2017.
Dieser strafrechtlichen Rechtsprechung hat sich nunmehr auch das Finanzgericht Düsseldorf angeschlossen. Dort wurde das Thema entscheidungserheblich, da das beklagte Finanzamt sich auf das Vorliegen einer Steuerhinterziehung (durch Unterlassen) berief, um die verlängerte Festsetzungsfrist in Anspruch nehmen zu können.
Die Klägerin war eine GbR und erzielte Einnahmen aus der Vermietung von Garagen. Diese Einnahmen erklärte die GbR jährlich im Rahmen ihrer einheitlichen und gesonderten Feststellungserklärung als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Umsatzsteuererklärungen gab die GbR hingegen nicht ab, da sie fälschlicherweise davon ausging, dass die Einnahmen nicht der Umsatzsteuer unterlägen.
Das Finanzgericht Düsseldorf sah hierin keine Umsatzsteuerhinterziehung durch Unterlassen. Schließlich seien die Umsätze aus der Vermietung der Garagen dem Finanzamt im Wege der jährlichen Feststellungserklärungen zur Kenntnis gebracht worden. Die im Rahmen des § 370 Abs. 1 S. 2 AO erforderliche Unkenntnis der Finanzbehörde läge damit nicht vor. Die Erfüllung des objektiven Tatbestandes der Steuerhinterziehung durch Unterlassen sei nicht eingetreten.
Fazit:
Erhebt die Finanzverwaltung den Vorwurf einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen, sei es im Rahmen eines Strafverfahrens, oder sei es zur Eröffnung der verlängerten Festsetzungsverjährung, ist aus Beratersicht stets zu prüfen, ob das Finanzamt anderweitig Kenntnis von den verschwiegenen Angaben erhalten hat. Sofern dies der Fall ist, kann durchaus mit Erfolgsaussicht gegen eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen argumentiert werden.